Beide Religionen - Christentum und Judentum - gehen auf die
gleiche Quelle zurück, nämlich auf die hebräische Bibel. In
einer Zeit, in der Trennendes bzw. Distinktionsmerkmale in den
Vordergrund gestellt werden, scheint es besonders notwendig und
angebracht zu sein, Verbindendes ins Bewusstsein zu bringen und zu
betonen.
Hierbei soll die Musik ein Medium sein, das diese Verbindung
herstellt, auch wenn sich Kompositionstraditionen und
gottesdienstlicher Rahmen und auch die musikgeschichtlichen
Zeitpunkte der jeweiligen Traditionen unterscheiden. Die
christlichen Kompositionen sind fast ausschließlich aus 16. &
17. Jahrhundert und die jüdischen Kompositionen sind - abgesehen
von einer zeitgenössischen Komposition - aus dem 20. Jahrhundert
sowie der liturgischen Praxis.
Zentrale Rolle in den Kompositionen nimmt der Text des Hohen
Liedes ein. Aber letztlich ist es nicht der Text, sondern der
Gläubige bzw. Leser, der durch den Spiegel der heiligen Schrift
selbst ausgelegt wird. Das „Schir ha-Schirim (שיר
השירים), das Lied der Lieder (Canticum Canticorum) -
dargestellt am benediktinischen Offizium für die hl. Scholastika
(10. Februar) - im jüdisch-christlichen Dialog ist ein Schritt auf
dem Weg, das ursprüngliche Verhältnis wieder herzustellen.
Während die Psalmen - die in einem ersten Projektschritt
aufgenommen wurden (siehe Dankeschön-CD) - traditionell mit dem
harfespielenden König David assoziiert werden, stammen die Lieder
der Liebe angeblich von König Salomo, was aber nicht im Sinne
einer modernen Autorenschaft gemeint ist. Entstanden ist das
„Hohelied“, wie der sprachgewaltige Martin Luther das Lied der
Lieder nennt, wohl zwischen dem 5. bis 3. Jh. vor Chr. in
Jerusalem.
In jedem der in acht Kapitel eingeteilten Lieder führen Braut
und Bräutigam mit wechselnden Metaphern und unterschiedlichen
lyrischen Formen einen Dialog, der die Liebe zweier Menschen
besingt.
Die Lieder befinden sich geistesgeschichtlich auf der Grenze
zwischen Weltlich und Geistlich, d. h. die alte Kirche hob den
literalen Sinn des Liebesdialogs auf eine allegorische („das
Anderssagen“) Ebene, will sagen, das Hohe Lied der Liebe meint
nicht mehr nur die Liebe zweier Menschen zueinander, sondern auch
die Liebe zwischen Gott und seinem Volk.
Die Stiftung 'Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und
Kultur in Rostock' plant, das Konzert mit Bildern des Künstlers
Egon Tschirch aus dessen Zyklus' 'Hohelied SALOMO' in Form einer
kleinen Vernissage (1923) zu bereichern.