Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung können auch Lehrer sein

Lebenshilfewerk Marburg-Biedenkopf e. V.

Experten in eigener Sache sind sechs Männer und Frauen mit Lernschwierigkeiten im hessenweit einzigartigen Inklusionsprojekt. Sie werden an einer Fachschule für Sozialwesen zu Lehrkräften weitergebildet, um dort als Co-Referenten zu unterrichten.
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Über das Projekt

Sechs Menschen mit Lernschwierigkeiten werden in Marburg bei einem einzigartigen Projekt zu Co-Referenten ausgebildet. Im Bereich Heilerziehungspflege der Lebenshilfe üben sie, wie sie als Lehrkraft tätig sein können. Als Experten in eigener Sache lehren sie Schüler, wie sie Menschen mit Behinderung auf ihrem Lebensweg begleiten können. Darüber hinaus eröffnen sich für die Co-Referenten neue Chancen am Arbeitsmarkt.

Finanzierungszeitraum:
19.06.2023 - 17.09.2023
Realisierungszeitraum:
2023 - 2027
Worum geht es in diesem Projekt?

Das hessenweit einzigartige Inklusionsprojekt wurde gestartet, weil wir uns gefragt haben, wie Schüler an Fachschulen im Sozialwesen am besten auf ihren späteren Beruf vorbereitet werden können.
Die Antwort war erstmal ganz einfach: Wir fragen die Menschen, für die die jungen Heilerziehungspfleger einmal Betreuer sein werden. In der Lebenshilfe wissen wir, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten Experten in eigener Sache sind und uns mit ihren Beiträgen in unserer Arbeit voranbringen. Sie sind Experten, weil sie selbst am besten wissen, was ein Mensch mit Lernschwierigkeit braucht, um ein gutes Leben zu führen. Als Lehrkraft können sie ihr Expertenwissen weitergeben. Genau dort, wo es sinnvoll ist.
Für dieses Inklusionsprojekt konnten sich sechs Frauen und Männer mit Lernschwierigkeiten im arbeitsfähigen Alter im Bewerbungsprozess durchsetzen. Sie wollen zu Lehrkräften ausgebildet werden und sind hochmotiviert dabei. Fertig ausgebildet arbeiten sie als Co-Referenten und bringen sich mit ihrem Expertenwissen ein. Sie werden künftig Schülern der Heilerziehungspflege von ihren Erfahrungen in zum Beispiel Wohnheimen, Werkstätten oder aus ihrer Freizeit berichten. Die Schüler können besser nachvollziehen, wie der Alltag der Menschen aussieht. Einen wichtigen Platz nehmen Themen wie Inklusion, Rechte von Menschen mit Behinderung oder Diskriminierung ein. Aus der Verknüpfung von Lebenserfahrungen und theoretischen Ansätzen werden Spannungsfelder sichtbar, die die Co-Referenten in ihren Unterrichtseinheiten den Schülern vermitteln. Ein Beispiel: Wie finde ich als betroffene Person den Begriff Behinderung? Wie ist die Definition von Behinderung? Gibt es hier Unstimmigkeiten? Hieraus ergeben sich neue Denkansätze verbunden mit Handlungskonzepten, die in der Betreuung im Alltag umgesetzt werden können. An Fachschulen für Sozialwesen werden Schüler befähigt, als professionelle Fachkräfte die Entwicklung einer inklusiven Gesellschaft zu unterstützen.
Für die Menschen mit Lernschwierigkeiten eröffnen sich neue Arbeitsmöglichkeiten, die sie in Ihrem Prozess des Empowerments bestärken. Die Schüler erhalten neben dem theoretischen Wissen praktische Lerninhalte und neue Perspektiven aufgezeigt, was das Aufbrechen von Machtgefällen in den pädagogischen Assistenzsystemen unterstützt.
Die Co-Referenten unterstützen Lehrkräfte mit ihrem besonderen Wissen. Im Projekt werden die Menschen so qualifiziert, dass sie den Unterricht mit der Haupt-Lehrkraft auf Augenhöhe gestalten.
Die Menschen mit Lernschwierigkeiten brauchen finanzielle Unterstützung. Zum Beispiel müssen sie ihre Fahrten zum Ausbildungsort, zum Unterricht in der Fachschule und wieder nachhause organisieren. Das kostet Geld und die Wegstrecken sind teilweise sehr lang. Im Landkreis Marburg-Biedenkopf sind die Regionen teils noch sehr ländlich. Nicht immer können Angehörige fahren. In den meisten Fällen müssen Fahrdienste organisiert werden.

Was sind die Ziele und wer ist die Zielgruppe?

Direkte Zielgruppe sind Menschen mit Lernschwierigkeiten im arbeitsfähigen Alter. Was sie mitbringen sollen, sind Interesse und Motivation, sich ausbilden zu lassen, um fertig ausgebildet ein Arbeitsverhältnis als Co-Referent (= ein Zweit-Referent, bzw. ein unterstützender Referent) einzugehen. Die Menschen mit Lernschwierigkeiten kommen vorwiegend aus Mittelhessen.
Die Schüler der Heilerziehungspflegeschule erwartet ein neues Ausbildungssystem, in den Schulen Marburg, später Hochheim. Die Auszubildenden in Marburg kommen vorzugsweise aus Mittelhessen (Gießen, Vogelsberg, Wetterau, Lahn-Dill, Waldeck-Frankenberg und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf). In Hochheim kommen die Studierenden aus dem Rhein-Main-Gebiet.
Indirekte Zielgruppe sind Menschen mit Behinderung, die von den künftigen Heilerziehungspflegern begleitet werden, sie sind Multiplikatoren für die neu erlernten Perspektiven.
Im bisherigen Verlauf des Projekts wird deutlich, dass auch andere Professionen von der Qualifikation der Co-Referenten profitieren können: Unterrichtseinheiten könnten die Co-Referenten in den verschiedensten Berufszweigen anbieten. Überall dort, wo Menschen mit Menschen arbeiten. Das kann in der Ausbildung oder beim Studium sein, aber auch bei Menschen die sich bereits im Berufsleben befinden, z.B. in Gemeinden oder bei der Polizei. Hier fehlt es an praktischer Erfahrung mit Menschen mit Beeinträchtigung, was für beide Seiten ein Nachteil ist.
Ziele des Projektes sind

  • Erschließung neuer Kompetenzen durch Qualifizierung zu Lehrkräften
  • Vermittlung digitaler und medialer Kompetenzen (Bedienung und Einsatz im Unterricht)
  • Ein neues Betätigungsfeld für Menschen mit Lernschwierigkeiten
  • Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Lernschwierigkeiten
  • Unterricht auf Augenhöhe (Lehrkraft mit und ohne Lernschwierigkeit unterrichten gemeinsam)
  • Verknüpfung schulischer und praktischer Lerninhalte
  • Das Aufbrechen von Machtgefällen in den pädagogischen Assistenzsystemen in Werkstatt, Wohnen und Freizeitbereich.
  • Inklusion fördern durch möglichst breit gefächerten Einsatz
Warum sollten Sie dieses Projekt unterstützen?

Dieses Projekt finanziell zu unterstützen, lohnt sich. Denn es ist ein Bildungsprojekt mit einem weitreichenden Nutzen.
Für die Menschen mit Lernschwierigkeiten eröffnet sich perspektivisch der Weg zu einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Wird dieses Ziel erreicht bedeutet dies zugleich mehr Selbstbestimmung für das eigene Leben und im besten Fall Unabhängigkeit von einem Kostenträger.
Heilerziehungspflege-Schüler an der Fachschule für Sozialwesen werden als potenzielle Fachkräfte bereits in der Ausbildung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten als gleichberechtigte Partner (assistierte Selbstbestimmung) auf Augenhöhe konfrontiert.
Die Erfahrungen in der schulischen Ausbildung zeigen immer wieder, dass trotz fokussierter Thematisierung, gelebte, gleichberechtigte Teilhabe und die Begegnung auf Augenhöhe nicht gelingt. Insbesondere unter dem Eindruck und den Routinen des Arbeitsalltags wird deutlich, dass die Haltung noch nicht ausreichend gefestigt ist.
Für die Schüler eröffnet sich durch unser Projekt die einmalige Chance, das Erfahrungswissen von Menschen mit Lernschwierigkeiten unmittelbar zu nutzen. Gleichzeitig wird das Expertenwissen der Menschen mit Behinderungen weiter gestützt und Qualifizierung ermöglicht.
Das Vorhaben hat mindestens hessenweit Pilotcharakter. Es gibt bis dato keine Lehrkräfte mit Lernschwierigkeiten an Fachschulen für Sozialwesen.

Weitere Personengruppen könnten ebenfalls davon profitieren:

  • Andere Menschen mit Behinderung, die sich die Co- Referenten zum Vorbild nehmen können und sich hierdurch trauen auch ihre Perspektiven gedanklich zu erweitern.
  • Alle Menschen, die Bildungseinheiten der Co-Referenten in Anspruch nehmen. Hierdurch kann gegenseitiges Verständnis geschaffen werden. Der Gedanke der Inklusion kann außerhalb der üblichen Personengruppen wachsen und bietet somit einen großen Wirkhebel zu einer offenen Gesellschaft.
Was geschieht mit dem Geld bei erfolgreicher Finanzierung?

Das Geld wird zur Finanzierung der direkten projektbezogenen Kosten verwendet. Insbesondere für die nicht refinanzierten Fahrtkosten der Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, die im Projekt mitmachen.
Das Projekt hat eine Laufzeit von insgesamt 5 Jahren.

Wer steht hinter dem Projekt?
Lebenshilfewerk Marburg-Biedenkopf e. V.

Das Lebenshilfewerk Marburg Biedenkopf e.V. begleitet Menschen mit Behinderung gleichberechtigt und selbstbestimmt am Leben in der Gesellschaft teilzunehmen und ist hierbei ein verlässlicher Partner für Menschen mit Behinderungen, deren Angehörige, Behörden sowie Industrie, Handel und Handwerk.
An verschiedenen Standorten unterhält das Lebenshilfewerk Werkstätten für Menschen mit Behinderungen mit dem Ziel der Eingliederung in das Arbeitsleben und die Gesellschaft. Angeboten werden differenzierte berufliche Bildung, Förderung und Beschäftigung innerhalb und außerhalb der Werkstätten. Darüber hinaus finden die Menschen bei uns individuelle und dezentrale Wohnangebote. Abgerundet wird das Leistungsspektrum durch den Bereich Familie, Pflege und Freizeit. Sozialraumorientierung bedeutet für das Lebenshilfewerk, als größten Anbieter von inklusiven Leistungen, das Zusammenleben in der Region aktiv zu gestalten. Dafür initiiert das Lebenshilfewerk unter anderem die Inklusion und Teilhabe befördernde Projekte, wie das Inklusionsprojekt "Co-Lehrer".

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Impressum / Kontakt

Lebenshilfewerk Marburg-Biedenkopf e. V.
Vorstand Roland Wagner und Vorstand Horst Viehl
Tom-Mutters-Straße 11
35041 Marburg
Deutschland

Vorstand
Roland Wagner
Horst Viehl

Registereintrag:
Eintragung im Vereinsregister.
Registergericht: Amtsgericht Marburg
Registernummer: Vereinsregisternummer: 1472

Umsatzsteuer
Steuernummer: 031 250 06257
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE 113347791

Project-ID: 22033